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Politik sucht Heimat

Wir haben uns längst daran gewöhnt: Marketing ist überall! Detaillierte Marketingkonzepte, die sogar Erkenntnisse der Neurowissenschaften nutzen und uns als Kunden fast ausschließlich emotional ansprechen!

Auch beim Begriff „Heimat“ spielen Emotionen die entscheidende Rolle. Und so hat auch die Politik das unschuldige kleine Wort „Heimat“ für ihr politisches Marketing entdeckt. In NRW gibt es seit Juni 2017 ein Heimatministerium. Seit Anfang diesen Jahres ist auch das bisherige Bundesministerium des Inneren ebenfalls ein „Heimatministerium“. Doch wie viel Politik verträgt unsere Heimat?

Mit „Heimat“ verbindet jeder Mensch etwas anderes, aber immer ist es hochemotional. Deshalb verwenden auch die heutigen Populisten diesen politischen Heimatbegriff gerne und dehnen diesen von einem konkreten Ort auf ein ganzes Land aus. So entsteht eine Nation, deren Mitgliedschaft durch Abstammung bestimmt sei und dabei für niemanden ein Zuhause sein könne, für den sie nicht Heimat ist, und für niemanden Heimat werden könne, für den sie es nicht schon immer war. „Heimat“ wird so als „ausgrenzender Begriff“ missbraucht.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier griff das Motiv am Tag der Deutschen Einheit auf: „Je schneller die Welt sich um uns dreht, desto größer wird die Sehnsucht nach Heimat.“ Das dürfe man nicht den Nationalisten überlassen. Heimat, das sei gerade nicht das „Wir gegen die“. Es sei ein Ort des „Wir“, ein Ort, der verbinde „über die Mauern unserer Lebenswelten hinweg“. Damit spricht der Bundespräsident für die überwiegende Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Für sie ist Heimat nicht Deutschland, sondern eine Region: das Ruhrgebiet, das Rheinland. Vielleicht aber auch kleinräumiger: Köln, München oder auch Königsborn. Heimat, das kann auch ein Geruch sein, ein Geschmack, ein Geräusch. Es ist etwas höchst Individuelles, die Ebene, auf der sich das Soziale, das Miteinander abspielt.

Bemächtigt sich die Politik dieses wunderbaren Begriffs, wird es gefährlich: Heimat reduziert Komplexität, ebenso wie es die Populisten lieben, denn dann wird Heimat zu etwas, das durch diejenigen bedroht ist, die ein neues Zuhause suchen. Bedroht wird unsere Heimat jedoch nicht von Einwanderung, sondern u. a. von den Herausforderungen einer alternden Gesellschaft, von Vorurteilen, Profitsucht oder fehlendem Bürgersinn. Infrastruktur verschwindet: Erst das Krankenhaus, dann die Kirche, die Grundschule, der Supermarkt. Und irgendwann bauen Banken ihre Geldautomaten ab. Die Antworten auf diese Entwicklungen sind komplex, aber immer solidarisch: So groß die Probleme und Meinungsverschiedenheiten auch sein mögen, was zählt, ist der Wille zum gemeinsamen Handeln, Engagement und das Wertschätzen von Vielfalt. Königsborn war schon immer ein Ort der Zuwanderung. Im Zeitalter der Globalisierung muss die Politik sich entscheiden: Nutzt sie die Chancen, die ihr ein solidarischer Heimatbegriff bietet oder bleibt sie im Marketing stecken?

Mit #HeimatKönigsborn stellen wir Ihnen viele Menschen in Königsborn vor und ihre ganz individuellen Vorstellungen von Heimat. Sie sind herzlich eingeladen, uns zu schreiben oder zu erzählen, was für Sie Heimat bedeutet und wo Sie sich heimisch fühlen.