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Im Auftrag aller Generationen

Die Gesellschaft steht in den kommenden Jahren vor einer großen Herausforderung. Es gibt immer weniger junge Menschen, während die Anzahl älterer stark ansteigen wird. Von dieser in ganz Europa zu beobachtenden demografischen Entwicklung sind die Kommunen in besonderer Weise betroffen. In Unna berät seit September 2016 der neue Seniorenbeauftragte Robin Rengers (RR) zu allen Fragen, die sich um die Thematik „Alter“ und „Älter werden“ drehen. Quartiersmanager Liberto Balaguer hat sich mit ihm im leeren Gebäude Potsdamer Straße 2 getroffen.

Herr Rengers, wir stehen hier in einer leeren Wohnung. Sieht ganz schön wüst aus!
Ja, solche Abbruchhäuser haben was Unheimliches. Vielleicht ist es aber auch ein Sinnbild für den ständigen Wandel. Der Neubau, der an dieser Stelle geplant ist, wird das Quartier an der Berliner Allee verändern und aufwerten.

Was ist hier genau vorgesehen, was hat das mit Ihrer Tätigkeit als Seniorenbeauftragter zu tun?
Hier entstehen in drei Gebäuden rund 150 neue Wohnungen / Pflegeplätze. Dank eines Aufzuges in jedem Treppenhaus sind diese vollständig barrierefrei erreichbar. Mindestens zehn der Wohnungen sind auch für Rollstuhlfahrer geeignet. Zusätzlich wird in dem Komplex auch eine Pflegeeinrichtung mit 24 Plätzen, eine ambulant betreute Wohnung sowie 20 Service-Wohnungen zu finden sein. Diese neuen Angebote werden das Quartier nicht nur aufwerten, sondern die Chancen älterer Menschen, in Königsborn wohnen bleiben zu können, erhöhen.

Warum ist das so wichtig? Gibt es im Kreis Unna keine Senioreneinrichtungen?
Natürlich gibt es nicht nur im Kreis, sondern auch in Unna und sogar in Königsborn entsprechende Einrichtungen. Aber darum geht es nicht. Die Grundlage moderner und nachhaltiger Generationenpolitik muss die Vielfalt der individuellen Lebensentwürfe, gerade auch älterer Menschen sein.

Von zentraler Bedeutung ist ein Paradigmenwechsel von der traditionellen Altenhilfepolitik zu einem seniorenpolitischen Gesamtkonzept, das sowohl die Potentiale und Ressourcen als auch den Hilfe- und Unterstützungsbedarf älterer Menschen in den Fokus nimmt. Auf Quartiersebene bedeutet dies: Die meisten Senioren möchten dort wohnen bleiben, wo sie schon lange Zeit leben. Viele haben z.B. als junge Familien hier gebaut und ihre Kinder großgezogen. Sie sind im Quartier verwurzelt und auch die Nachbarn kennen sich seit vielen Jahren. Wenn das Haus oder die Wohnung zu groß geworden ist, weil die Kinder aus dem Haus sind oder die Mobilität eingeschränkt ist, brauchen die Menschen Unterstützung und andere Wohnformen.

Mit dem Neubau an der Potsdamer Straße entsteht ein Wohnungsmix für möglichst unterschiedliche Lebenslagen, der auch anderen Gruppen wie Menschen mit Behinderungen, Alleinstehenden, jungen Familien oder Alleinerziehenden zu Gute kommt.

Also keine reine „Seniorenburg“?
Ganz im Gegenteil! Es entstehen Wohnungen in unterschiedlichen Größen und Grundrissen und ein für jeden zugängliches offenes Café mit Außengastronomie. Verschiedene Serviceeinrichtungen und Büroflächen ergänzen das Angebot.

Wichtig ist mir, ältere Menschen nicht nur als „pflege- und hilfebedürftig“ zu sehen. Die meisten Senioren sind fit und besitzen nicht nur Lebenserfahrung, sondern auch Ressourcen, von denen z.B. junge Familien profitieren können.

Ist dies auch Ihr Selbstverständnis als Seniorenbeauftragter? Was sind genau Ihre Aufgaben?
„Jung und Alt“ ist kein Gegeneinander! Ich arbeite im Auftrag aller Generationen. Nur so lassen sich die Herausforderungen, die eine alternde Gesellschaft mit sich bringt, meistern – besser gesagt: „bearbeiten“. Das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für diese gemeinsamen Interessen zu schärfen, sehe ich als meine wichtigste Aufgabe an.

Natürlich habe ich auch ganz praktische Aufgaben: Beratung und Information von älteren Menschen, Vermittlung von Dienst- und Serviceleistungen sowie die Weiterentwicklung des „Netzwerks Demenz“, in dem viele Einrichtungen und Träger zusammenarbeiten, um Betroffene und Angehörige zu Informieren und zu unterstützen.

 

 

Herr Rengers, vielen Dank für das informative Gespräch!
Das Interview führte Liberto Balaguer.