Gegenwärtig wird vielerorts über Grenzen diskutiert. Ob Obergrenzen in der Flüchtlingsfrage oder die Grenzen der Belastbarkeit unseres Planeten im Zusammenhang mit den extremen Temperaturen in diesem Sommer. Auch in unserem Alltag sind Grenzen allgegenwärtig: finanzielle Grenzen, Sprachgrenzen, kulturelle Grenzen, soziale Grenzen oder Ländergrenzen.
Mit Grenzziehungen gehen immer Ein- und Abgrenzungsprozesse einher, regionale und raumbezogene Identitäten, „Wir“-Gefühle und Fragen nach Heimat. Doch ein Heimatgefühl entsteht durch eine Grenze nicht zwangsläufig. Erst durch das Engagement der Bürger in einem Gemeinwesen, ihr Einsatz für sich und andere, lassen ein Gefühl für Heimat entstehen. Heimat ist dort, wo man gemeinsam handelt. Diese Feststellung ist so einfach wie einleuchtend.
Auch im Projekt „Soziale Stadt Königsborn Süd-Ost“ ist eine deutlich wahrnehmbare Grenze vorhanden. Ohne Schlagbaum und Kontrollen, jedoch mit einer deutlichen Trennwirkung. So wurde 1876 die Bahnstrecke von Dortmund-Süd über Unna-Königsborn und Lenningsen nach Welver eingerichtet. Heute trennt die Bahnstrecke zwei Quartiere: der Bereich rund um die Berliner Allee und der Bereich Dorotheen- und Augustastraße nördlich der Bahnstrecke. Daran hat selbst die 1993 gebaute Bahnunterführung nur wenig geändert.
In den vergangenen Jahren hat sich rund um die Berliner Allee viel getan. Das Quartier erlebt einen Aufschwung. Er gründet sich in der Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Akteure, dem Einsatz Einzelner und dem Wirken kluger Investitionen der Kreisstadt Unna und der Fördermittelgeber von Bund und Land. Der nördliche Teil des Programmgebietes hinter der Bahnstrecke hat noch Nachholbedarf. Die Bewohner beider Teile sind dabei durchaus vergleichbar: viele unterschiedliche Nationalitäten, viele ältere Menschen, viele Kinder und Jugendliche und ein überdurchschnittlicher Anteil Alleinerziehender. So ist es schwer zu erklären, dass zumeist nur wenige Bewohner des nördlich der Bahnlinie gelegenen Quartiers die an der Berliner Allee vorhandenen sozialen Einrichtungen und Angebote nutzen. Die Bahnlinie ist demnach nicht eine räumliche Grenze mit sozialer Wirkung, sondern eine soziale Tatsache, die räumlich zu sehen ist.
Die Trennlinie der Bahn wirkt auf unterschiedlichen Ebenen. Wie so oft ziehen sich auch hier die wahren Grenzen durch unsere Köpfe. Gleichzeitig sind sie dadurch nicht unumstößlich. Angebote, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Kultur, schaffen Mut und öffnen den Blick, um Grenzen zu überwinden. Denn nicht selten begrenzen wir uns selbst und nehmen uns die Möglichkeiten, durch gemeinsames Handeln unser eigenes Leben und unsere Umwelt zu gestalten. Nur so entsteht Heimat, ein Gefühl, das durch Grenzen nicht limitiert ist.
In dieser Ausgabe von #HeimatKönigsborn finden Sie Menschen, die sich einsetzen, und zahlreiche Veranstaltungen, Angebote und Ideen, die dazu beitragen, das Projekt „Soziale Stadt Königsborn Süd-Ost“ weiterzuentwickeln. Wir laden Sie herzlich ein, mitzuwirken und mit eigenen Vorhaben und Vorstellungen das Leben in beiden Quartieren mitzugestalten.