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Alles, nur nicht langweilig

Ausgerechnet Tischtennis. Auf der Suche nach einer Foto-Location sind mir die Tischtennisplatten an der Gesamtschule eingefallen. Herr Knoche hat sofort zugesagt. Das hätte mich stutzig machen müssen. Jetzt stehe ich hier an der Platte und versuche, seine schnellen scharfen Bälle zu kontern. Der Ballwechsel will mir nicht recht gelingen, beim WortWechsel läuft es besser.

Herr Knoche, Sie spielen aber nicht zum ersten Mal?!
Nein, wenn man viele Jahre als Diplom-Sozialpädagoge in Wohngruppen mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet hat, ist Tischtennis sozusagen Handwerkszeug. Sport, egal welcher, gibt Selbstvertrauen und schafft Nähe. Da fallen dann Gespräche über Probleme leichter.

(Foto: Dennis Sakowski, plan-lokal)

 

„Die Jahre in der praktischen Arbeit mit Menschen helfen dabei, nicht zu vergessen, wofür wir diese Arbeit leisten.“ – Till Knoche

 

Na, ob das mit dem Selbstvertrauen bei mir so klappt? Im Vergleich zu Ihrer früheren Tätigkeit haben Sie doch jetzt einen öden Verwaltungsjob, oder?
Ganz im Gegenteil! Phantasie ist für mich nicht nur beim Musik machen oder beim Malen notwendig. Wenn Sie ein soziales Projekt planen, kommt es doch auf eine kreative Idee an. Die sollte auf ein bestehendes Problem eingehen und Lösungen oder Verbesserungen anbieten. Die Jahre in der praktischen Arbeit mit Menschen helfen dabei, nicht zu vergessen, wofür wir diese Arbeit leisten. Das empfinde ich als höchst spannend.

Aber der Schreibkram, wie zum Beispiel ein Förderantrag zur Finanzierung sozialer Maßnahmen, ist doch sehr langweilig?
Ich würde Lügen, wenn ich sagen würde, dass ich schon immer vom „Schreibkram“ geträumt habe. Aber ehrlich: Das ist alles – nur nicht langweilig! Besonders hier sind gute Ideen gefragt. Entscheidend ist, dass der Leser oder die Bewilligungsbehörde bei der Beschreibung der Maßnahme ein Bild im Kopf hat. Was soll mit dem Projekt genau erreicht werden und wie? An welche Zielgruppen richtet es sich? Das sind nur drei Fragen, die zu Beginn beantwortet werden müssen.

Sie haben vor vier Monaten von der Jugendhilfeplanung in die Sozialplanung gewechselt. Passt das?
Ja, natürlich! Als Sozialpädagoge habe ich erlebt, wie sich gesellschaftliche Strukturen für die Menschen auswirken. Jetzt habe ich in erster Linie mit soziodemografischen Daten, Projektpartnern und anderen Akteuren zu tun. Ich habe quasi die Perspektive gewechselt. Für mich stehen die Menschen aber immer noch im Vordergrund.

Um mir ein konkretes Bild abseits des Schreibtisches zu machen, erkunde ich die Stadtteile natürlich auch zu Fuß. Dabei tausche ich mich regelmäßig mit den Menschen und Akteuren vor Ort aus. Das fällt mir leicht – ich bin schon mein ganzes Leben privat und beruflich in Unna verankert. Ich habe auch 13 Jahre in Unna gewohnt.

Was macht ein Sozialplaner eigentlich?
Wir versuchen, lebenswerte und bedarfsgerechte Rahmenbedingungen zu schaffen. Wir beschäftigen uns mit Wohnraum, Verkehr oder Freizeiteinrichtungen, altengerechtem Leben im Quartier – und zwar aus Sicht der Bewohner oder mit den Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche.

Das sind Fragen wie: „Sehen die Häuser gepflegt aus?“, „Verändert sich die Bewohnerschaft?“, „Gibt es plötzlich mehr SGB-II-Empfänger in einer Gegend und warum?“ oder „Wie ist der Stadtteil mit Bussen und Bahnen zu erreichen?“, das etwa auch unter dem Aspekt der Schulwege. Die Stadt Unna hat die Aufgabe, Daseinsfürsorge zu betreiben. Diese Verantwortung nehmen wir sehr ernst.

Um welche Stadtteile geht es besonders?
Die bisher schon sehr gute Stadtteilarbeit im sogenannten Programmgebiet „Soziale Stadt Unna Königsborn Süd-Ost“ soll mit sozialen, städtebaulichen und ökologisch ausgerichteten Maßnahmen in den nächsten Jahren unterstützt werden. Damit können wir die positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre nachhaltig weiterentwickeln. Sozialplanung ist auch präventive Stadtentwicklung.

Die Quote der „Arbeitslosengeld II“-Empfänger in Königsborn Süd-Ost ist mit rund 25 % fast dreimal so hoch wie in der Gesamtstadt. Mit 42 % leben hier überdurchschnittlich viele Personen mit ausländischem Pass oder doppelter Staatsbürgerschaft. Der Migrantenanteil ist somit knapp zweimal so hoch wie in der Gesamtstadt mit insgesmat 20 %. Im Quartier leben im Vergleich zur Gesamtstadt viele Alleinerziehende, Kinder und Jugendliche. Knapp die Hälfte der Kinder unter 15 Jahren sind Sozialgeldempfänger.

Wir wollen stadtteilbezogenes Engagement stärken, Freiwilligenarbeit oder die Verantwortung für das Wohnumfeld und mehr. Damit  können wir negative Entwicklungen abfedern und auch das Image verbessern.

Was soll konkret gemacht werden?
Vor allem die Erfolge in der Arbeit des Quartiersmanagements, seine Instrumente und die bewohnerorientierte Vorgehensweise. Aber auch das Zusammenspiel verschiedener öffentlicher und privater Akteure.

Gemeinsam mit großer Unterstützung der Kooperationspartner haben wir insgesamt sechs Projekte mit einem Gesamtvolumen von zwei Millionen Euro entwickelt. Nicht alle Projektideen werden schließlich eine Bewilligung erhalten, aber die Kreisstadt Unna engagiert sich da vorbildlich. Die Europäische Union und das Land NRW unterstützen die Kreisstadt finanziell.
Was sind Ihre persönlichen Ziele bei Ihrer neuen Tätigkeit?

Ich weiß, dass es oftmals auf viele kleine Aktionen ankommt, um ein Quartier aufwerten zu können. Das Zusammenspiel von Engagement einzelner Bürger und dem unternehmerischen Engagement kann eine umfangreiche Landschaft von Akteuren ergeben, die etwas bewegen. Alleine kann niemand Verbesserungen bewirken. Mein Ziel ist es, Impulse für die Zukunft zu geben und möglichst viele Bürgerinnen und Bürger zum Mitmachen zu motivieren.

Herr Knoche, danke für das Gespräch!
Das Interview führte Liberto Balaguer.

(Foto: Dennis Sakowski, plan-lokal)

 

 

 [white_box] KONTAKT

Till Knoche
Kommunale Sozialplanung  & Statistik

Rathaus der Kreisstadt Unna
Zimmer 354, 3. OG
Tel.: (0 23 03) 103-505
Mail: till.knoche@stadt-unna.de[/white_box]