Mit dem Projekt „Bildungscampus Königsborn“ beweisen Kreis und Kreisstadt in den nächsten Jahren, wie man einen Bildungsstandort zukunftsorientiert entwickelt. #HeimatKönigsborn gibt einen Überblick zu den Planungen und erklärt, wie Plätze, Wege und Grünflächen „Bildung“ und „Quartier“ miteinander vernetzen.
Wer in den vergangenen Wochen die Platanenallee entlang kam, wird sich gewundert haben. Zu Fuß oder mit dem Rad war das Durchkommen nicht immer ganz einfach. Bagger und andere Baumaschinen versperrten den Weg und die Parkplätze, auf denen Besucher der Kreissporthalle früher parken konnten. Doch was passiert hier eigentlich? Hintergrund der jetzigen Bauaktivitäten sind die vorbereitenden Maßnahmen zum Neubau einer Sporthalle auf dem alten Parkplatz der Kreissporthalle. Das ist aber noch nicht alles. Die Baumaßnahmen markieren erst den Anfang eines umfassenden Projektes – zwischen Platanenallee, Parkstraße und Palaiseaustraße entsteht in den nächsten Jahren der „Bildungscampus Königsborn“.
Zukunftsfragen
Lange stellte sich die Frage, welche Folgenutzung auf dem circa 17.900 m² großen Standort der Anne-Frank-Realschule in Königsborn ab 2018/2019 realisiert werden könnte. Die Entscheidung des Kreises Unna, das noch in der ehemaligen Harkortschule untergebrachte Förderzentrum am Standort Döbelner Straße 3 neu zu bauen, ermöglicht dem Kreis und der Kreisstadt Unna, als direkte Grundstücksnachbarn den Gesamtstandort gemeinsam weiterzuentwickeln. In den vergangenen Monaten haben die Kreisstadt und der Kreis Unna gemeinsam ein räumliches und städtebauliches Konzept unter dem Namen „Bildungscampus Königsborn“ ausgearbeitet. „Kreis und Stadt reagieren mit dem Konzept nicht nur auf die Schulentwicklungsbemühungen, sondern auch auf hochaktuelle Fragestellungen der Stadtteilentwicklung“, weiß Quartiersmanager und Raumplaner Dennis Sakowski.
Der Hintergrund des Projektes ist grundlegend. Klar ist: Die pädagogischen Erfordernisse für die Gestaltung von Lernräumen und deren Umgebung haben sich geändert. Viele der heutigen Schulgebäude wurden vor rund 50 Jahren geplant und gebaut. Ihre Grundrisse und ihr öffentliches Umfeld werden oftmals den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Heute stellen Lehrer und Schüler andere Ansprüche an ihre Lernwelt. Projektorientierter und fachübergreifender ist der Unterricht heute. Sakowski ergänzt: „Bildung ist Teil des alltäglichen Lebens. Dazu gehört, sich zu treffen, gemeinsam zu beobachten, zu kommunizieren, zu handeln, auszuprobieren und im öffentlichen Raum unterwegs zu sein.“
Die Institution Schule wandelt sich von der reinen Lernstätte zu einem Lern- und Lebensort, in der Bildung gemeinsam gelebt und erlebt wird. Dieser erweiterte Bildungsbegriff beinhaltet neben Fachlichkeit und überfachlichem Lernen auch individuelle und soziale Erfahrungen, Praxisbezug und die Verknüpfung mit dem gesellschaftlichen Umfeld. „Heute heißt es eben nicht mehr ‚Für´s Leben lernen‘, sondern ‚Beim Leben lernen‘. Der Alltag in der Schule vermischt sich zunehmend mit dem Alltag im Stadtteil und im Quartier“, so Sakowski weiter.
Geltende Ansprüche einer zeitgemäßen Pädagogik und der Inklusion erfordern heutzutage eine Öffnung hin zur Stadtgemeinschaft. Zukünftig werden Schulen sich deshalb immer mehr mit außerschulischen Bildungs- und Freizeitangeboten verschränken. Selbstätiges Lernen und Experimentieren löst den Frontalunterricht ab. Lehrer und Schüler bündeln ihre Kräfte und arbeiten mit unterschiedlichen Akteuren auch außerhalb der Schule zusammen. Dies führt zu einem Ineinandergreifen zwischen schulischen und außerschulischen Bildungsorten. Diese Verknüpfung hat auch eine Konsequenz auf die gebaute Umwelt: „Räume – seien es Klassenzimmer, Kursräume, Sporthalle oder auch Freiräume wie ein Schulfhof – dürfen heutzutage keine starren Grenzen mehr haben, sie müssen flexibel nutzbar sein und sich öffnen. Nicht nur aus Gründen einer optimalen Raumnutzung, sondern eher um den Lernenden vielfältige Schnittstellen im Lernalltag zu bieten“, so der Quartiersmanager. „Im Alltag stecken viele Lerngelegenheiten. Das ist auch mit ein Grund, warum wir das Lernen nicht einer bestimmten Alters- oder Nutzergruppe zuordnen können. Wir sprechen vom lebenslangen Lernen.“
Von der Idee des „Campus“
Das Bild von Schule als eine Insel im städtischen Gefüge, die jeder von uns einst bis zum Erwachsenwerden besuchte, vor Jahren verlassen und mittlerweile vielleicht vergessen hat, ist veraltet. Vielmehr nehmen Schulen und Schulzentren immer häufiger eine Scharnierfunktion innerhalb eines Quartiers, eines Stadtteils oder sogar einer ganzen Stadt ein. Sie werden zu Lebensmittelpunkten, zu Orten der Gemeinschaft, an denen Aktivitäten der Erwachsenenbildung, der sozialen Fürsorge oder sogar neues Vereinslebens nebeneinander stattfinden. Aber wie lassen sich Bildungs-, Freizeit- und Sozialeinrichtungen räumlich und konzeptionell stärker in Beziehung setzen?
Sakowski: „Eine gute inhaltliche Vernetzung der Bildungs- und Sozialeinrichtungen untereinander hängt gewiss von den Bemühungen der einzelnen Fachakteure im Quartier ab – also Sozialpädagogen, Erzieher, Berater, Trainer, Lehrer usw. Aber die gestalterische Öffnung der Einrichtungen und seines Umfeldes kann dabei unterstützen, es leichter machen, den Stadtteil in seiner Gesamtheit im Sinne von Bildung zu qualifizieren.“
Der Bildungscampus bündelt Energien einzelner Akteure und schafft Freiräume. Stattfinden können so fächer- und jahrgangsübergreifende Unterrichtsformen. Außerdem erleichtert die räumliche Konzentration die Zusammenarbeit der Mitarbeiter der einzelnen Bildungs-, Freizeit- und Sozialeinrichtungen: Ihre pädagogische Arbeit kann enger miteinander verzahnt und Fachräume gemeinsam genutzt werden. Ziel dieser Vernetzung – einen besseren Übergang zwischen den einzelnen Schulformen vom Kindergarten bis zur Sekundarstufe II und bestenfalls weiter bis in die Berufsausbildung zu ermöglichen. „Mit den vielfältigen Betreuungs- und Schulangeboten, der Kreissporthalle, der Hellwegsporthalle, der Stadthalle, der Eishalle, dem Bürgerforum und dem NTZ wird der schon heute bestehende Mix mit den Neubauten noch ein bisschen bunter und differenzierter. Damit gelingt es, die Bedingungen für lebenslanges Lernen weiter zu verbessern“, fasst Dennis Sakowski zusammen.
Ziel des Projektes ist es auch, die Bildungseinrichtungen sichtbarer zu machen und sie dadurch besser mit dem Quartier zu vernetzen. „Gestalterisch lässt sich die Öffnung ganz einfach durch das Wegnehmen von Zäunen, Hecken und Büschen erreichen. Neu angelegte Wege- und Sichtbeziehungen erhöhen nicht nur Sichtbar- und Erreichbarkeit, sondern auch die Wahrnehmbarkeit des gesamten Komplexes“, so Sakowski weiter. „Wichtig ist es,
dass Zu- und Eingänge zum Campus im Sinne öffentlicher Räume mit Aufenthaltsqualität gestaltet sind. Das greift das Konzept von Kreis und Kreisstadt mit seiner starken Durchgrünung mittels Grünachsen auch sehr gut auf“, ergänzt der Quartiersmanager. Gemeint sind die neu anzulegenden und zu ergänzenden grünen Wegeverbindungen in Nord-Süd- und West-Ost-Richtung, die das Gesamtgelände vom Kurpark bis zur Eissporthalle durchkreuzen und damit strukturieren.
Die Planungen im Detail
Die Wege- und Grünbeziehungen treffen an einem zentralen Punkt in der Mitte des Gebietes zusammen. Hier entsteht ein großer Platz, an dem im späteren Verlauf auch eine neue Mensa errichtet werden soll (vgl. Nr. 1 im Plan). Gerade im Ganztag wird die Schule zum zweiten Lebensmittelpunkt. Das hat ganz praktische Anforderungen zur Folge: Zunehmend wichtiger werden auch Räume, die Rückzugsmöglichkeiten bieten – im Sinne einer Rhythmisierung von Anspannung und Entspannung.
Auf der geplanten Campusfläche können vielfältige Synergien genutzt werden – beispielsweise wird die geplante Mensa auch als Treffpunkt der Schüler dienen und der umgebende Platz wird als Bewegungsraum, kommunikativer Treffpunkt, aber auch als Ruhezone genutzt.
Im Frühjahr 2019 soll der Bau des neuen Förderzentrums des Kreises beginnen (vgl. Nr. 2 im Plan). Ergänzt wird dieses um das Weiterbildungskolleg der Kreisstadt Unna (Nr. 3), das im Augenblick noch auf die Standorte der Katharinenschule und des Pestalozzi-Gymnasiums verteilt ist. Für die beiden Nutzungen ist ein u-förmiger Gebäudekomplex geplant, wobei sich die äußere Erscheinung als Einheit darstellen wird. Von der Döbelner Straße bzw. Berliner Allee werden die Besucher über einen überbauten Durchgang in den Innenhof geleitet, von dem aus Förderzentrum und Weiterbildungskolleg über je einen separaten Eingang zugänglich sind. Das Vorhaben hält auch noch Reserven für das in direkter Nachbarschaft befindliche Schulzentrum Nord (Nr. 4) bereit.
Ein weiterer Baustein des Gesamtprojektes ist eine neue, sozialräumlich-integrierte Kindertagesstätte (Nr. 5). Bei der Planung sind drei unterschiedliche Gruppentypen vorgesehen. Sie unterscheiden sich sowohl in der Gruppengröße als auch in der Alterszusammensetzung. Der Neubau beherbergt – als Verbundstandort zum AWO Familienzentrum „Rasselbande“ in der Berliner Allee – zusätzlich einen „Ankerpunkt Familie“. Hierbei geht es u. a. um den verbesserten KiTa-Einstieg für Kinder aus Migrantenfamilien, um Unterstützungsangebote zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie begleitende Aktionen für den beruflichen Wiedereinstieg Alleinerziehender.
Der ehemalige Parkplatz östlich der Kreissporthalle (Nr. 6 im Plan) soll auf dessen Nordseite verlagert werden (Nr. 7), bis Ende 2018 entstehen hier insgesamt 215 Stellplätze. Noch müssen die Sportler während der Baumaßnahme den Ausweichparkplatz an der Eissporthalle im Ligusterweg (Nr. 8) nutzen.
Zwischen Kreissporthalle und neuem Parkplatz ist zudem eine Außensportfläche für den Sportunterricht der Berufsschulen vorgesehen (Nr. 9). Dabei handelt es sich um zwei Beachvolleyballfelder und ein Streetbasketball-Feld.
Auf der aufgegebenen Parkplatzfläche zwischen Platanenallee und Kreissporthalle entsteht bis Ende 2018 die neue Sporthalle des Hansa-Berufskollegs (Nr. 10). Im späteren Verlauf wird auch der Außenbereich des Märkischen Berufskollegs in diesem Bereich neu gestaltet (Nr. 11).
Das ‚Morgen‘ gleich mitdenken
In Sachen der Mobilitätsfragen werden Planungen und Details noch zwischen dem Kreis Unna, der Kreisstadt und der Verkehrsgesellschaft des Kreises (VKU) abgestimmt. Hier geht es z. B. um die Einrichtung zusätzlicher Haltestellen, um eine bessere Busanbindung des Campus zu gewährleisten und den Individualverkehr weiter zu reduzieren. Wer weiterhin nicht auf Bus und Fahrrad umsteigen kann, sich dem Klimaschutz aber verpflichtet fühlt, parkt in Zukunft sein Elektro-Auto auf speziellen Stellplätzen mit angeschlossener Ladesäule. Überdachte und abschließbare Fahrradabstellmöglichkeiten und Stellplätze mit integrierter Ladestation für E-Bikes sollen den Radverkehrsanteil zudem erhöhen. Auch eine Anbindung an den geplanten Radschnellweg RS 1 am Königsborner Bahnhof wird derzeit diskutiert. Hier ist die Ausweisung der Platanenallee als Fahrradstraße denkbar.
Die Entwicklung des „Bildungscampus Königsborn“ bis 2020/2021 bildet die Grundlage, um die Kreisstadt Unna weiterhin als zukunftsfähigen Bildungsstandort zu positionieren. Damit stärkt das Projekt die Stellung Unnas in der Region und sogar darüber hinaus. Gleichzeitig ist es eine Reaktion auf gesellschaftliche Veränderungen, wie etwa die demographische Entwicklung, und Antwort auf aktuelle Fragestellung der Quartiersentwicklung.